Gesetz zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit und Planung der Region Rhein-Main vom 19. 12. 2000

30.08.2003

Etliche Kommunen der Region Rhein-Main haben Grundrechtsklagen gegen zahlreiche Vorschriften des o.a. Gesetzes beim Hessischen Staatsgerichtshof eingereicht.

Der Berichterstatter bei Gericht hat den Hessischen Städtetag gebeten zu
den tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes Stellung zu nehmen. Der
Hessische Städtetag hat die Städte und Gemeinden gebeten über ihre
praktischen Erfahrungen mit dem Gesetz zu berichten.

Die Städte und Gemeinden haben Antworten sowohl
zum Planungsgesetz als auch zum Ballungsraumgesetz vorbereitet und ihre
Positionen beschrieben.

Zu § 1 Aufgaben

Regionalpark

Als konkrete Maßnahme, die bisher in Angriff genommen worden ist, wird
vor allem der Regionalpark genannt. Aus Sicht der Stadt Frankfurt ist die
jetzt vorgesehene Dachgesellschaft lediglich Ersatz für die frühere
Aufgabenerledigung durch den Umlandverband und keine durch das Gesetz neu
hinzugekommene Aufgabe. Hanau sieht die jetzt geschaffenen Organisations-
und Verfahrensstrukturen als nicht geeignet an, die Umsetzung des Regionalpark-Konzeptes zu beschleunigen oder einen Beitrag zur
kurzfristigen und effizienten Bearbeitung zu leisten.

Negativ bewertet die Stadt Offenbach, dass mit dem Gesetz die
Weiterfinanzierung von Gemeinschaftsprojekten, die bislang mit dem
Umlandverband Frankfurt durchgeführt wurden, z.B. im Freiraumbereich, nicht zufriedenstellend und hinreichend klar geregelt ist.

Zu § 2 Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main

Hier wird deutlich, dass der räumliche Zuschnitt des Ballungsraumes
grundsätzlich unzweckmäßig ist. Da die Fläche nicht den tatsächlichen
regionalen Verflechtungsbereich abdeckt, hat die notwendige gemeindeübergreifende
Kooperation bislang zu keinen spürbaren Auswirkungen geführt.

Aus Sicht der Stadt Frankfurt am Main basieren Kooperationsfortschritte vor allem auf parallel unabhängig vom Ballungsraumgesetz entwickelten Aktivitäten, wie der von der Frankfurter Oberbürgermeisterin initiierten Regionalkonferenz.

Zu § 4 Rat der Regionen

Funktionen und Aufgaben des Rates der Regionen werden kritisch betrachtet. Regionale Zusammenarbeit könne nicht verordnet werden, sondern müsse wachsen.

Die Mitgliedergewichtung im Rat der Regionen sei unbefriedigend, da sie deutlich zu Gunsten der Landkreise ausfalle. So verfüge die Stadt
Frankfurt mit einer Bevölkerungszahl von 640.000 Einwohnern nur über
genauso viele Sitze (drei) wie der Hochtaunuskreis, der rund 170.000
Einwohner aufweise.

Planungsgesetz

Zu § 1 Bildung des Planungsverbandes

Zum Zuschnitt des Planungsverband äußert sich die Stadt Hanau, dass das Gesetz der Stadt Hanau die Chance raubt, gezielt für ihren eigenen oberzentralen Verflechtungsbereich einen gemeinsamen Flächennutzungsplan mit ihrem Umland oder den Nachbargemeinden oder gar einen eigenen Planungsverband zu bilden.

Zu § 2 Regionaler Flächennutzungsplan/Zusammenarbeit mit der Regionalversammlung

Hier gibt es die erwarteten erheblichen Konfliktpotentiale in der Zusammenarbeit zwischen Regionalversammlung und Verbandskammer:

Frankfurt am Main: Ungelöste inhaltliche, methodische und institutionelle Schwierigkeiten deshalb, weil sich ein »klassischer« Regionalplan und gleichsam brennglasartig der regionale Flächennutzungsplan überlagern.

Hanau: »Festlegungen« aus der Regional- und Landesplanung treffen auf »Darstellungen« aus der vorbereitenden Bauleitplanung

Rüsselsheim: Zusammenarbeit ist umständlich und konfliktträchtig; Einigungsverfahren sind zeitraubend und damit ineffektiv

Bestätigt ist die Befürchtung, dass sich, die besonders mit dem Instrument Regionaler Flächennutzungsplan intendierten Erwartungen an eine verfahrensmäßige, inhaltliche und methodische Verschlankung des bisherigen südhessischen Raumplanungsinstrumentariums, wohl nicht erfüllten. Planerische und politische Abstimmungsprozesse sind nicht schlanker und flexibler geworden, die Gemeinden haben nicht mehr Spielraum und Verantwortlichkeit bei der Konkretisierung der Planung unterhalb der Ebene des Regionalen Flächennutzungsplanes, so Frankfurt.

Hanau kritisiert: Zahlreiche städtebauliche und planerische Probleme, die durch verbindliche Bauleitpläne zu klären sind, werden von Personen und Gemeinden getroffen, denen es an präzisen Orts- und Sachkenntnissen mangelt.

Das neu eingeführte Plandokument »Regionaler Flächennutzungsplan« sei, so die Stadt Rüsselsheim, ungeeignet für die erforderliche Kooperation der Kommunen bei der regionalen Entwicklung.

Ebenso kritisch äußert sich Friedrichsdorf: Das Verhältnis der Regionalplanung sei bisher eher durch das Selbstverständnis des Regierungspräsidiums, als Weisungs- und Aufsichtsbe-hörde, geprägt, als durch Kommunikation und Verständnis.

Planungspraxis

Die Planungspraxis hat sich seit In-Kraft-Treten des Ballungsraumgesetzes nicht geändert. Flächennutzungsplan und dessen Änderungsverfahren werden weiter betrieben.

Mit dem Regionalen Flächennutzungsplan ist nach Auskunft des Planungsverbandes nicht vor dem Jahr 2007 zu rechnen. Im Gegenteil macht eine vom RP Darmstadt und dem Planungsverband parallel durchgeführte Grundlagenerhebung deutlich, dass das Verfahren im Gegensatz zum eigentlichen Ziel des Gesetzes nicht vereinfacht wird, sondern zwischen beiden Planungsebenen, schon im Vorfeld zum Regionalen Flächennutzungsplan, den Gemeinden unnötige Doppelarbeit aufgelastet wird. (Frankfurt)

Die Stadt Hanau sieht wesentliche Erschwernisse, weil der Planungsverband ihre vorbereitende Bauleitplanung betreibt. Da parallel dazu die Stadt Hanau ihr Personal weiter vorhalten muss, hat sie ihre Planungszuständigkeit eingebüßt und dennoch kaum eine finanzielle Entlastung zu verzeichnen.

Maßstab der Planung

Problematisch wird der Maßstab 1 : 50.000 gesehen, der nicht erlaubt,
dass die Regelungstiefe für eine geordnete städtebauliche Entwicklung in
der gleichen Weise wie beim bisherigen Flächennutzungsplan des
Umlandverbandes Frankfurt dargestellt werden kann.

Die Stadt Hanau sieht
in der Reduktion auf Pläne mit einem Maßstab von 1 : 50.000 gravierende
Darstellungsprobleme. Daraus resultiert die erhebliche Gefahr, dass
Konflikte umgangen werden, dass faktisch nicht entschieden wird und die
beiden Planungsinstrumente »Regionalplan« und »Flächennutzungsplan«
tendenziell entwertet werden.

Nach einer Entscheidung des Staatsgerichtshofs werden wir darüber berichten.