VLK-Landesversammlung am 11. November 2006 im Hotel Mercure, Wetzlar

11.11.2006

Beschlüsse der VLK Hessen Landesversammlung:

Antrag Nr. 1

Kommunaler Finanzausgleich 2007

Antragsteller: Wolfram Dette

Die VLK Hessen möge beschließen:

Die VLK Landesversammlung wendet sich gegen Bestrebungen der Hessischen
Landesregierung, im Rahmen des so genannten »Bambini-Programmes« die
Freistellung vom Kindergartenbeitrag im 3. Kindergartenjahr nicht aus originären
Landesmitteln, sondern aus Mitteln des Kommunalen Finanzausgleiches zu
finanzieren.

Begründung:

Die Hessische Landesregierung hat angekündigt, im Rahmen eines sogenannten »Bambini-Programmes«
ab dem Jahre 2007 die Eltern der Kinder im  3. Kinder- gartenjahr von der
Zahlung des Kindergartenbeitrages zu befreien. So begrüßenswert diese Initiative
aus kinder- und jugendpolitischer Sicht ist, so bedenklich ist die
Vorgehensweise bei der Finanzierung dieses Vorhabens. Wenn das Land Hessen der
Auffassung ist, dass eine solche sozialpolitische Maßnahme geboten ist, dann
wäre es angemessen, diese Leistungen auch aus originären Landesmitteln zu
finanzieren.

Tatsächlich ist jedoch beabsichtigt, aus dem Kommunalen Finanzausgleich, d.h.
aus den Steuerverbundmitteln, die zur Finanzierung allgemeiner und investiver
Aufgaben der hessischen Kommunen vorgesehen sind 100 Millionen Euro abzuzweigen
und diese für das Bambini-Programm zu verwenden. Konkret bedeutet dies, dass die
hessischen Städte, Gemeinden und Landkreise 100 Millionen Euro im Bereich der so
genannten »Schlüsselzuweisungen« weniger zur Verfügung stehen als dies nach dem
Steueraufkommen an sich im Jahre 2007 möglich wäre und diese stattdessen für ein
Programm zu verwenden, das auch in der Öffentlichkeit als spezifisches
Landesprogramm propagiert und wahrgenommen wird. Wenn ein solches Verfahren
Schule macht, werden in Zukunft alle sozialpolitischen Initiativen des Landes
letztlich zu Lasten der Kommunen finanziert.

Die VLK Landesversammlung fordert daher die FDP-Landtagsfraktion auf, dies im
Rahmen der Haushaltsplanberatungen für das Jahr 2007 zu verdeutlichen und diesen
Finanzierungsweg abzulehnen.

Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen

 

Antrag Nr. 2

"Kommunen und Bürger stärken"

Antragsteller: Wolfgang Knoll

Die VLK Hessen möge beschließen:

Deutschland braucht leistungsstarke, effiziente und bürgerfreundliche
Kommunen und Landkreise.

Voraussetzung für die Entfaltung der Leistungskraft der Kommunen ist eine
größere Eigenständigkeit und Kompetenz gegenüber Bund, Ländern und Europa. Noch
mehr Abhängigkeit führt dagegen zu Verantwortungsverlust. Verantwortungsverlust
führt zu Reformstau, Schuldenbergen und Misswirtschaft.

Mehr Eigenständigkeit beinhaltet vor allem eine größere Autonomie der
Kommunen in der Aufgabengestaltung und in der Haushaltsführung.

Deutschland braucht – auch nach der Förderalismus-Reform – eine Neubestimmung
des Verhältnisses von Bund, Ländern und Gemeinden jetzt!

Unser Ziel: mehr kommunale Autonomie, mehr Bürgernähe und mehr politische
Effizienz.

Die VLK Hessen fordert:

Selbstverwaltung und Deregulierung

Die Aufgabenverteilung muss künftig dem historischen Grundsatz der kommunalen
Selbstverwaltung folgen, dass alle Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises
dezentral und eigenverantwortlich auf der Kommunalebene geregelt werden können.
Bund und Länder sollen subsidiär nur dort tätig sein, wo die Kommunen allein
nicht handlungsfähig sind und Aufgaben der Daseinsvorsorge auch nicht durch
freiwillige Zusammenschlüsse lösen können. Das bisherige Verfahren der ständigen
Übertragung von Bundes- und Landesaufgaben wird prinzipiell umgedreht, so dass
die Kommunen Aufgaben auf Bund und Länder übertragen. Gemeindewirksame
Rechtsvorschriften entstehen nur unter Mitwirkung der Kommunen. Die kommunalen
Spitzenverbände sind rechtzeitig an der Gesetzgebung zu beteiligen, soweit sie
kommunale Interessen berühren.

Dezentralisierung und Wettbewerb

Durch Dezentralisierung und klare Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern
und Kommunen wird der Wettbewerb auch zwischen den Gemeinden befördert. Die
Kommunen werden in die Lage versetzt ihre Maßnahmen und deren Effizienz zu
überprüfen und an anderen zu messen. Größere Handlungsfähigkeit der Kommunen
sowie bessere und schnellere Durchsetzbarkeit von Reformen, die letztlich den
Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen, sind ein Ergebnis davon. Gute Politik
wird sich damit schneller durchsetzen und auch entsprechend belohnt werden.

Senkung der Steuer- und Abgabenlast und mehr Steuerhoheit

Eine Senkung der Steuer – und Abgabenlast der Bürger in den Kommunen ist nur
durch eine Sicherung der finanziellen Unabhängigkeit der Kommunen möglich. Dazu
ist eine Reform der Finanzverfassung zwingend erforderlich, um eine
aufgabengerechte Finanzstrukturen zu schaffen. Die Mischfinanzierung ist
abzuschaffen und jeder Ebene, auch den Kommunen, ist mehr eigene Steuerhoheit zu
geben, z.B. durch eigene Hebsatzrechte. Die strikte Einhaltung des »Konnexitätsprinzigs«
ist eine wesentliche Voraussetzung.

Privatisierung und Transparenz

Es ist nicht Aufgabe des Staates unternehmerisch tätig zu sein. Er sollte
sich auch aus Dienstleitungsbereichen zurückziehen, wenn diese privat besser,
billiger und effizienter erledigt werden können und keine privaten Monopole
entstehen. Privatisierungsgewinne der Kommunen ermöglichen mehr Schulden- abbau
und mehr Investitionen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bürgerinnen
und Bürger. Mehr Wirtschaftlichkeit durch Privatisierung schafft auch
Voraussetzungen für Gebührensenkungen. Öffentliche Privatisierungs- kataloge der
Kommunen tragen zur regelmäßigen Einschätzung des Standes der Privatisierung bei
und schaffen mehr Transparenz für die Bürger.

Bürokratieabbau und Entscheidungskompetenz

Bürokratie belastet auch die Kommunen. Viele staatliche Standards und
Vorgaben für Ausstattung und Personal oder zur Gestaltung z.B. von Bauvorhaben
können beseitigt werden bzw. den realen Gegebenheiten angepasst werden, um damit
die kommunale Selbstverwaltung und Entscheidungskompetenz zu stärken und Kosten
zu sparen. Die gesamtwirt- schaftlichen Folgen richterlicher Entscheidungen sind
stärker zu analysieren, um eine wirksame Begrenzung der Normenflut und
Standarderhöhung zu erreichen. Die VLK Hessen fordert die FDP-Landtagsfraktion
auf, durch eine Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes (HLPG) die bisher
einvernehmliche Verfahrensweise mit einem eigenständigen Abweichungsverfahren in
kommunaler Zuständigkeit wieder herzustellen.

Dienstleistungsfreundlichkeit und Bürgerorientierung

Auch die Bürgerinnen und Bürger sind von unnötiger Bürokratie zu befreien.
Die wachsenden Anforderungen an Verkehrssicherungspflichten z.B. ersticken
aktives bürgerliches Engagement. Weniger Regelungen in der Kommune schaffen mehr
Freiraum für die Bürger, sich eigenverantwortlich zu engagieren. Wir wollen
Privatisierung nicht nur in Richtung auf private Wirtschaft sondern auch in
Richtung auf private Initiative. Sportvereine, Bürgerinitiativen ect. können die
Erledigung kommunaler Aufgaben ergänzen, zugleich höhere Bindung und neue
Aufgabenerfüllung schaffen. Das neue Leitbild ist eine leistungsfähige,
gewährleistende und bürgerorientierte Kommune, die ein echter Dienstleister für
Bürger und Wirtschaft ist.

Subsidarität und stärkere Vertretung im Ausschuss der Region

Bund und Länder heben dafür Sorge zu trage, dass die Selbstverwaltung der
Gemeinden im vereinigten Europa gewährleistet bleibt. Das gilt insbesondere für
die Vertretung der Kommunen im Ausschuss der Regionen. Das in Verträgen von
Maastricht verankerte Prinzip der Subsidarität muss mit mehr Leben erfüllt
werden, damit sich die Menschen als verantwortliche Bürger in ihrer Gemeinde,
ihrem Land, ihrem Staat und in Europa wieder finden.