VLK-Hessen beschließt Prüfsteine für eine neue hessische Landesregierung

17.11.2013

Die VLK-Hessen fasste auf ihrer Landesdelegiertenversammlung am 16. November 2013 folgenden Beschluss einstimmig:

Prüfsteine für eine neue hessische Landesregierung

Antragsteller: VLK-Landesvorstand

Die Landesdelegiertenversammlung möge beschließen:

Die VLK-Hessen sieht die künftige hessische Landesregierung in der Pflicht, in der kommenden Legislaturperiode besonderes Augenmerk auf folgende Themen zu legen:

1. Kommunale Selbstverwaltung stärken

Die Prinzipien der Subsidiarität und Konnexität müssen stärkere Beachtung finden.

Unerfüllbare Anforderungen und unbezahlbare Aufgabenzuweisungen an die Kommunen sind nicht hinnehmbar. Der kommunale Finanzausgleich muss in einer Weise reformiert werden, die sowohl dem Ballungsraum als auch dem Verdichtungs- und ländlichen Raum die Erfüllung ihrer unterschiedlichen Aufgabenzuschnitte ermöglicht. Er muss Fehlanreize ausschließen, den Wettbewerb fördern, Leistungsanreize bieten und funktionelle, soziale und regionale Besonderheiten berücksichtigen. Der Schutzschirm für hessische Kommunen war eine gute Maßnahme, um die Haushalte dauerhaft defizitärer Kommunen zu sanieren. Interkommunale Zusammenarbeit ist eine gute Möglichkeit der Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung und verdient einen höheren Stellenwert. Der Strukturwandel im ländlichen Raum muss aktiv gesteuert werden.

2. Vielfalt, Integration und Chancengerechtigkeit

Eine liberale Gesellschaft ist eine Chancengesellschaft. Von einer gelungenen Integration und einer erfolgreichen Bildungspolitik hängen sowohl der Wohlstand künftiger Generationen als auch der soziale Frieden in Deutschland ab. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Staat im Rahmen seiner Daseinsvorsorge seine

Aufgaben für Bildung und Integration leistet, aber nur mit dem privaten Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Stiftungen können die gesellschaftlichen

Probleme gelöst werden. Die hessischen Kommunen haben beim Ausbau der Kinderbetreuung eine immense Kraftanstrengung auf sich genommen und ihren Beitrag für nachhaltige Erfolge in der Bildungs- und Integrationspolitik geleistet. Eine Toleranz- und Willkommenskultur ist für den Ballungsraum eine Wettbewerbsfrage, für den ländlichen Raum geradezu eine Überlebensfrage.

Die bisherige Landesregierung hat im Bereich der Schul- und Bildungspolitik in Hessen Maßstäbe gesetzt. Die aktuelle Lehrerversorgung ist in Hessen so gut wie nie.

Die Einführung der selbständigen Schule war ein Meilenstein und kann den Schulen vor Ort Gestaltungsspielräume verschaffen, wo man am besten beurteilen kann, welche Probleme und Notwendigkeiten bestehen. Die Einführung islamischen Religionsunterrichts unter staatlicher Regie war ein mutiger und weitsichtiger Schritt.

3. Straßen, Schienen und schnelles Internet

Es darf keinen Stillstand beim Ausbau der Infrastruktur geben. Das betrifft nicht zuletzt den extrem belasteten Ballungsraum, den wichtigsten Verkehrsknoten Europas.

Hier müssen der Bau notwendiger Umgehungsstraßen, der Ausbau des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs und wichtiger übergeordneter Straßen- und Schienenprojekte weiter intensiv vorangetrieben werden, wenn das wirtschaftliche Herz Hessens auch in Zukunft einen Großteil der Finanzierung des gesamten Bundeslandes im bisherigen Umfang leisten können soll. Der wirksame Schutz vor Lärm und Abgasen muss künftig eine größere Rolle spielen.

Als besonders vordringlich zu nennen sind hierbei die Regionaltangente West, die nordmainische S-Bahn in Richtung Hanau, die S-Bahn-Ausbauten zwischen Frankfurt und Friedberg, die S-Bahn-Anbindung von Gateway Gardens am Frankfurter Flughafen und die Riedbahn, aber auch die beiden Neubaustrecken Frankfurt–Mannheim und Hanau–Fulda. Die Landespolitik darf sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen und muss sich auch erfolgreich auf Bundesebene für die Bereitstellung der erforderlichen Gelder einsetzen. Die intelligente Vernetzung von Verkehrsmitteln (»intermodale Mobilität«) mithilfe moderner Mobiltelefone muss ausgebaut werden.

Kommunen ohne schnelles Internet (Breitband) sind nicht lebensfähig. Wir betrachten Internet als heutzutage selbstverständliche Universaldienstleistung, die jedem Bürger und jedem Unternehmen zur Verfügung stehen muss. Das Projekt Breitband in Hessen ist mit Hochdruck weiterzuführen. Binnen überschaubarer Frist muss deshalb in Hessen flächendeckendes Internet mit mindestens 6 MBit/s realisiert werden, ggf. ist der rechtliche Rahmen zu schaffen, das Angebot nach skandinavischem Vorbild auch von Kooperationen oder Konsortien bereitstellen zu lassen. Unabhängig davon sind symmetrische 50 bis 100 MBit/s anzustreben.

4. Energiewende und Versorgungssicherheit

Die Energiewende muss unter rationalen Gesichtspunkten vorangetrieben werden, das gilt besonders beim Ausbau der Windenergie. Wir Liberalen verstehen Windkraftanlagen als Kraftwerke, nicht als Symbole. Wirtschaftliche Vernunft und die Schonung von Landschaft und Bevölkerung sind deshalb zwei Seiten derselben Medaille. Die Ausweisung von Windvorranggebieten darf dort, wo auch trotz des Bevölkerungsrückgangs auch in Zukunft noch Wachstum in Hessen stattfindet, notwendige Flächenzuwächse nicht vereiteln. Der Ausbau der Stromtrassen muss seriös geplant und durchgeführt werden.

In Übereinstimmung mit dem Bundestagswahlprogramm der FDP kommt für die VLK-Hessen der unkonventionelle Schiefergasabbau mittels Einpressbohrungen (»Fracking«) generell nur mit ungiftigen Stoffen und außerhalb von Wasserschutzgebieten in Frage. Gesellschaftliche Akzeptanz und höchste Umweltstandards sind unerlässlich; der Trink- und Grundwasserschutz darf zu keinem Zeitpunkt gefährdet werden.

Den Wasserbehörden muss ein umfangreiches Vetorecht zustehen.

5. Ballungsraum Frankfurt-Rhein-Main stärken

Das Metropolregionsgesetz muss weiterentwickelt werden. Die Doppelstruktur von Regionalverband und Regionalversammlung, die übereinstimmende Beschlüsse fassen müssen, ist extrem aufwendig, ineffizient und teuer.

Die regionale Raumordnungsplanung einschließlich der Trassenfreihaltung für regional bedeutsame Infrastrukturprojekte kann auch von der Regionalversammlung und dem Regierungspräsidium Darmstadt geleistet werden. Die Konzentration von Flächenzuwächsen an den Nahverkehrssachen kann durch Flächenkontingente auf Ebene der Regionalversammlung geschehen. Die Flächennutzungsplanung könnte wieder auf die Kommunen zurückübertragen werden.

Weitere regionale Aufgaben, wie etwa die Krankenhausplanung oder die Gewährleistung der Wasserversorgung, können aus unserer Sicht am besten unter Wahrung der Eigentumsverhältnisse über Landesfachgesetzgebung geregelt werden. Der Wildwuchs bei den regionalen Gesellschaften muss bereinigt werden. Dies geschieht am besten über Anreize.

Begründung

erfolgt mündlich.