Positionsbeschreibung der FDP-Landtagsfraktion zur Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleiches (KFA) in Hessen

04.05.2014

Mit dem Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofes vom 21. Mai 2013 (»Alsfeld-Urteil«) ist die bisherige Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleiches in Hessen für verfassungswidrig erklärt worden. Eine Neuregelung hat bis zum Ausgleichsjahr 2016 zu erfolgen. Entsprechend der Vorgaben des Hessischen Staatsgerichtshofes muss ein neuer Kommunaler Finanzausgleich sich an der Höhe der zur kommunalen Aufgabenerfüllung notwendigen Finanzausstattung orientieren, dies setzt eine Ermittlung des durch die Aufgabenbelastung und Finanzkraft vorgezeichneten Bedarfs der Kommunen voraus. Die Ermittlung des Bedarfs betrifft einerseits das Gesamtvolumen des vom Land Hessen an seine Kommunen bereitzustellenden Finanzbedarfes wie auch die Verteilung der Mittel zwischen den Kommunen, die die unterschiedlichen Bedarfslagen der kommunalen Gebietskörperschaften zu berücksichtigen haben.

Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage wird die FDP-Fraktion die von der Hessischen Landesregierung vorzulegende Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleiches anhand der nachfolgend definierten Kriterien beurteilen:

  1. Die FDP-Fraktion erwartet, dass die Hessische Landesregierung die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleiches in enger Abstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden in Hessen vornimmt und – soweit dies noch mit den Landesinteressen vereinbar ist – deren Vorschläge im Sinne einer konsensualen Lösung für die Neuordnung des Finanzausgleiches in einen Gesetzentwurf einbezieht. Nur dann wird das Ziel zu erreichen sein, dass der Kommunale Finanzausgleich auch mittelfristig, d. h. über mehrere Legislaturperioden hinweg, eine gesicherte Finanzierungsgrundlage für die hessischen Kommunen darstellt.
  2. Die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs muss den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Konnexität berücksichtigen und eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Hessischen Kommunen gewährleisten.
  3. Die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zum ehrenamtlichen Engagement in ihren Kommunen setzt ein Mindestmaß an kommunaler Selbstverwaltung und Handlungsfähigkeit voraus. Die Ausgestaltung des Finanzausgleiches darf nicht dazu führen, dass sowohl in der Bewältigung der pflichtigen wie auch bei der Bewältigung der freiwilligen Aufgaben der Kommunen kein Gestaltungsspielraum im Sinne einer kommunalen Selbstverwaltung mehr vorhanden ist.
  4. Kommunale Aufgabenerledigung muss sich – genauso wie das Handeln des Landes – an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit messen lassen. Unter Einbeziehung der Erfahrungen des Hessischen Landesrechnungshofes im Zusammenhang mit den Vergleichenden Prüfungen hessischer Kommunen können hier angemessene Durchschnittswerte entwickelt werden.
  5. Die FDP-Landtagsfraktion hat seit jeher die Auffassung vertreten, dass in den sogenannten klassischen Gebührenhaushalten (Wasser, Abwasser, Straßenreinigung) das Kostendeckungsprinzip nach Maßgabe des Hessischen Kommunalabgabengesetzes berücksichtigt werden muss. Insofern wären Einnahme- und Ausgabepositionen in diesem Bereich bei der anstehenden Bedarfsermittlung zu neutralisieren.
  6. Die FDP-Landtagsfraktion wendet sich gegen jegliche Bestrebungen, durch die Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleiches die Kommunen zu einer massiven Erhöhung der Realsteuern, der übrigen Gemeindesteuern oder sonstigen Gebühren zu drängen und damit den Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung unangemessen einzuschränken. Die mit dem Erlass des Hessischen Innenministers vom 03.03.2014 (sogenannter »Rosenmontagserlass«) definierten Grundsätze zur Entwicklung der Realsteuerhebesätze sind insofern ein negatives Beispiel.
  7. Die Ausgestaltung des Kommunalen Finanzausgleiches auf vertikaler Ebene (Verteilung der Landesmittel zwischen den Kommunen) darf nicht zu einer Übernivellierung mit der Maßgabe führen, dass eigene Anstrengungen der Kommunen, z. B. zur Ausweisung von Gewerbegebieten und zur Verbesserung ihrer Steuerbasis, finanziell nicht mehr attraktiv sind und damit kommunalpolitische Eigeninitiative demotiviert wird.
  8. Der Kommunale Finanzausgleich sollte Anreize für die Vertiefung interkommunaler Kooperationen enthalten, um unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung – insbesondere im ländlichen Raum – mittelfristig die Handlungsfähigkeit kommunaler Selbstverwaltung zu sichern.
  9. Die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleiches sollte zur Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung pauschale Zuweisungsanteile gegenüber den Kommunen erhöhen (Schlüsselzuweisungen), während besondere Finanzzuweisungen und Investitionszuweisungen, soweit kein zwingender Steuerungsgrund vorliegt, zu reduzieren sind.
  10. Bei der Ermittlung angemessener Finanzbedarfe für die Kommunen sind die nach Einführung der Doppik für die hessischen Kommunen maßgeblichen Grundsätze, die für die Ermittlung eines ausgeglichenen Haushaltes gelten, zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Berücksichtigung der Abschreibungen und notwendigen Rückstellungen (z. B. für Pensionslasten). Darüber hinaus kann ein notwendiger Bedarf nicht produktspezifisch pauschal pro Einwohner einer Gebietskörperschaft entwickelt werden, sondern muss sich auch an dem Aufwand pro Fall (z. B. bei Leistungsgesetzen wie Jugend- und Sozialhilfe) und den örtlichen Gegebenheiten (wie z. B. bei der Unterbringung von Asylbewerbern) orientieren.
  11. Zur Neuordnung des Finanzausgleiches gehört auch eine Betrachtung des Landeswohlfahrtsverbandes. Hier sollte im Sinne eines fairen Interessensausgleiches zwischen Land und Kommunen unter Beachtung der Lösungsansätze für diesen Aufgabenbereich in anderen Bundesländern eine tragfähige Lösung entwickelt werden.
  12. Zur Reduzierung zukünftiger Interessenskonflikte zwischen Land und Kommunen zur Weiterentwicklung des KFA in zukünftigen Jahren sind Regelungen zu entwickeln, wie die zu Beginn der Neuordnung festgestellten Bedarfswerte hessischer Kommunen sich aufgrund der Aufgaben und Kostenentwicklung in Folgejahren dynamisieren werden.

Land und Kommunen sitzen – auch aufgrund des Haftungsverbundes – in einem Boot. Knappe öffentliche Finanzmittel zwingen daher alle Beteiligten dazu, im Rahmen der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleiches die richtigen Anreize zu setzen. Das Gebot wirtschaftlichen Handelns muss mit dem Grundsatz der Gestaltungskompetenz im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung in eine angemessene Balance gebracht werden. Hierzu können die vorgenannten Grundsätze ein guter Maßstab sein.