Michael Theurer MdEP: Die neuen Regeln zur Konzessionsvergabe

22.01.2013

Der kommunalpolitische Sprecher der FDP im Europäischen Parlament schreibt zur neuen europäischen Konzessionsvergaberichtlinie:

Zwei liberale Prinzipen geraten hier möglicherweise in Konflikt: die Privatisierung beziehungsweise Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen und die kommunale Selbstverwaltung.

Neben Informationen zum Verhandlungsstand sende ich Ihnen außerdem eine Musteranfrage an Ihr Landrats- bzw. Bürgermeisteramt, um Ihre ehrenamtliche Arbeit in den Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten zu unterstützen.

Am 20. Dezember 2011 verabschiedete die Europäische Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Konzessionsvergabe (KOM 2011/ 897 endgültig). Der Vorschlag ist Teil der Vergaberechtsreform, die im Zuge des „Single Market Act“ (Binnenmarktreform) initiiert wurde. Der Richtlinienvorschlag der Kommission sieht vor, die Vergabe von Konzessionen im europäischen Binnenmarkt zu regulieren. Derzeit berät das Europäische Parlament über diesen Vorschlag. Die Abstimmungen im zuständigen Binnenmarktausschuss finden am 24. Januar 2013 statt.

Die Richtlinie ist sehr umstritten. Besonders in Deutschland wird befürchtet, dass die Richtlinie die kommunale Selbstverwaltung gefährdet, die sich über Jahrzehnte bewährt hat. Daher gehören die kommunalen Spitzenverbände auch zu den schärfsten Kritikern des Vorschlags.

Eine Welle der Kritik (mittlerweile auch medial, zum Beispiel in einem Bericht des ARD-Magazins Monitor vom 13.12.2012), hat die Europäische Kommission hervorgerufen, indem sie den Wassermarkt in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbezieht. Die Angst vor einer Privatisierung durch die Hintertür ist gerechtfertigt.

Eine Einbeziehung der Rettungsdienste in den Anwendungsbereich der Richtlinie lehnt das Europäische Parlament entschieden ab. Aber Unsicherheit bleibt bestehen.

Es wird ebenfalls bemängelt, dass die Europäische Kommission, die Notwendigkeit einer solchen Richtlinie nicht ausreichend begründet hat, was für ihr Tätigwerden erforderlich ist.

Der Stand der Beratungen im Europäischen Parlament ist, dass die Kommunen wählen können, ob sie eine Konzession für Wasser an private Unternehmen vergeben wollen oder nicht, solange sie die Dienstleistungen auf dem Gebiet der Kommune selbst erbringen. Allerdings sollen die kommunalen Unternehmen dazu gezwungen werden, ihr Wassergeschäft buchhalterisch vom Stromgeschäft zu trennen, da der Strommarkt im Europäischen Binnenmarkt liberalisiert ist. Dafür wird es eine Übergangsfrist geben. Es stehen derzeit Überlegungen von fünf bis 15 Jahren im Raum.

Es ist aber zu befürchten, dass die interkommunale Zusammenarbeit erschwert wird, das heißt, wenn kommunale Unternehmen einer Kommune auch für andere Kommunen Dienstleistungen erbringen. Sie ist für viele kleine Gemeinden die einzige Möglichkeit eine adäquate, preislich angemessene Grundversorgung zu gewährleisten. Es zeichnet sich ab, dass dem Gedanken der interkommunalen Zusammenarbeit bei dem Richtlinienvorschlag und auch den Kompromissen nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. So kommt auf kleine Kommunen womöglich ein höherer Bürokratieaufwand für europaweite Ausschreibungen zu, wenn sie mit anderen Kommunen zusammenarbeiten wollen. Die Liberalen haben diesen Gedanken der freiwilligen Zusammenarbeit von Kommunen immer aktiv unterstützt. Die FDP im Europäischen Parlament setzt sich dafür ein, durch Schwellenwerte und Wahlrechte die negativen Auswirkungen auf die Kommunen in Deutschland möglichst klein zu halten.

 

Muster für eine Anfrage an die Landesregierung

Anfrage zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe (KOM 2011/897 endgültig)

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Vorschläge der Kommission, für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe?
  2. Wie beurteilt die Landesregierung die Umsetzung des Kommissionsvorschlags hinsichtlich der Entwicklung des bürokratischen Aufwands für die Kommunen?
  3. Hält die Landesregierung die vorgesehenen Schwellenwerte für europaweite Ausschreibungen für ausreichend hoch?
  4. Wie plant sie, die Kommunen bei der Umsetzung der Anforderungen, die bei einer Verabschiedung der Richtlinie anfallen, zu unterstützen?
  5. Wie beurteilt sie die Auswirkungen auf die Rettungsdienste im Land?
  6. Wie steht sie zur Absicht der Kommission, in den Anwendungsbereich der Richtlinie zur Konzessionsvergabe den Wassermarkt einzubeziehen?
  7. Führt eine Verabschiedung der Richtlinie dazu, dass die freiwillige interkommunale Zusammenarbeit von Kommunen generell und insbesondere im Bereich der Wasserversorgung erschwert oder gar unmöglich wird?
  8. Führt die Richtlinie nach Einschätzung der Landesregierung zwangsläufig zur Pflicht europaweiter Ausschreibungen im Falle interkommunaler Zusammenarbeit?

gez. N.N.
Datum

 

Muster für eine Anfrage an das Landratsamt/ Bürgermeisteramt

Anfrage zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über die
Konzessionsvergabe (KOM 2011/897 endgültig)

Ich frage das Landratsamt/Bürgermeisteramt:

  1. Wie beurteilt es die Vorschläge der Kommission, für eine Richtlinie über die
    Konzessionsvergabe?
  2. Wie beurteilt es die Umsetzung des Kommissionsvorschlags hinsichtlich der Entwicklung des bürokratischen Aufwands für die Kommunen?
  3. Hält es die vorgesehenen Schwellenwerte für europaweite Ausschreibungen für ausreichend hoch?
  4. Wie beurteilt es die Auswirkungen auf die Rettungsdienste im Kreis/in der Stadt?
  5. Wie steht es zur Absicht der Kommission, in den Anwendungsbereich der Richtlinie zur
    Konzessionsvergabe den Wassermarkt einzubeziehen?
  6. Führt eine Verabschiedung der Richtlinie dazu, dass die freiwillige interkommunale Zusammenarbeit von Kommunen generell und insbesondere im Bereich der Wasserversorgung erschwert oder gar unmöglich wird?
  7. Führt die Richtlinie nach Einschätzung des Landratsamts/Bürgermeisters zwangsläufig zur Pflicht europaweiter Ausschreibungen im Falle interkommunaler Zusammenarbeit?

gez. N.N.
Datum