Gisela Piltz MdB erläutert Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes auf die Kommunen

04.01.2010

Nachdem am 18. Dezember 2009 das Wachstumsbeschleunigungsgesetz den Bundesrat passiert hat, tritt das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zum 1. Januar 2010 in Kraft. Gisela Piltz MdB erläutert Auswirkungen des Gesetzes auf die Kommunen:

Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes auf die Kommunen

Das vom Bundeskabinett am 9. November 2009 beschlossene Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (BT-DrS 17/15) hat am 18. Dezember 2009 mit der Mehrheit der schwarz-gelben Landesregierungen den Bundesrat passiert. Das Gesetz bildet einen Teil des von der FDP geforderten »Konjunkturpaket III« ab und beinhaltet überwiegend wachstumsorientierte Maßnahmen im Steuerrecht. Zielsetzung ist die schnelle und wirksame Entlastung in Zeiten der Krise. Zusammen mit bereits beschlossenen Maßnahmen werden Bürger und Unternehmen zum 1. Januar 2010 um 20 Mrd. Euro entlastet. Nur durch diese finanzielle Entlastung von Bürgern und Unternehmen kann eine steigende Investitionsquote und die damit einhergehende Schaffung von Arbeitsplätzen erreicht werden. In die Krise »hineinzusparen« wäre dem entgegen katastrophal.

Durch das Gesetz werden krisenverschärfende Regelungen im Unternehmenssteuerrecht beseitigt: Durch die dauerhafte Einführung der so genannten körperschaftssteuerlichen Sanierungsklausel werden Anreize für Investoren geschaffen, sich an der Sanierung von Unternehmen zu beteiligen. Mit der Anhebung der Grenze für Sofortabschreibung sorgen wir für Bürokratieabbau und setzen Anreize für neue Investitionen. Die Abmilderung der Verlustnutzungsbeschränkungen, die Abmilderung der Zinsschranke oder die Absenkung des Hinzurechnungssatzes für Mieten und Pachten bei der Gewerbesteuer tragen dem Ziel, Investitionen zu fördern, auf direktem Weg Rechnung. Letzteres entspricht zudem einer ausdrücklichen Forderung aus der Wirtschaft, insbesondere des Einzelhandels. Auch die beschlossenen Steuererleichterungen bei der Vererbung von Betrieben tragen zur Existenzsicherung vieler Unternehmen bei. Vor allem die Kommunen können kein Interesse daran haben, finanziell schwach aufgestellte Unternehmen durch zusätzliche Steuern zu drangsalieren und dadurch deren Existenz zu gefährden.

Durch die getroffenen Maßnahmen sinkt die Wahrscheinlichkeit von Insolvenzen, Arbeitsplätze werden gesichert, Investitionsanreize für mehr Wachstum werden geschaffen. Wirtschaftszweige vor Ort wie Einzelhandel, Hotelgewerbe und Handwerk profitieren direkt. Indirekt werden von den Reformen jedoch insbesondere die kommunalen Haushalte profitieren, da durch die zu erwartenden Investitionen und die Verbesserung der Unternehmensergebnisse mit einem nachhaltigen Anstieg der Gewerbesteuer gerechnet werden kann.

Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz werden neben den Haushalten von Bund und Ländern auch die der Kommunen zunächst kurzfristig belastet. Ausweislich der Kostenprojektion des Entwurfes belaufen sich die Mindereinnahmen der Kommunen bis 2014 auf rund 7 Mrd. EUR, bei einer vollen Jahreswirkung von rund -1,6 Mrd. EUR. Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums ist für 2010 infolge der zu erwartenden Mindereinnahmen mit einem Finanzierungsdefizit in Höhe von 11,5 Mrd. Euro zu rechnen. Bei einem Gesamtvolumen der kommunalen Haushalte von 170 Mrd. Euro entspricht dies einer Defizitquote von 7 Prozent. Für die Jahre 2011 bis 2013 erwartet das BMF ein jährliches Defizit von 10 bis 13 Mrd. Euro. Die Kommunen sind durch Steuermindereinnahmen bei Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer betroffen. In geringem Umfang werden in den Kommunen Einsparungseffekte durch die Anhebung des Kindergeldes und den damit einhergehenden Minderausgaben beim Arbeitslosengeld II erzielt.

Wer vor diesem Hintergrund gegen Steuersenkungen argumentiert, missachtet jedoch das eindeutige Votum der Wählerinnen und Wähler, die sich am Wahltag klar für Steuersenkungen ausgesprochen haben. Den Parteien, die zur Entgegnung der Krise Steuererhöhungen vorsahen, wurde eine eindeutige Absage erteilt. Die FDP bekennt sich daher zur Koalition, ohne ihre Forderung nach einem politischen Neuanfang aufzugeben. Dass bereits im Zuge der Regierungserklärung am 11. November 2009 das Wachstumsbeschleunigungsgesetz in erster Lesung behandelt wurde macht deutlich, dass die neue Regierung Wort hält und ermöglichte daneben den Betroffenen, sich auf die zu erwartenden Mindereinnahmen einzustellen.

Auch die Kritik, wonach Steuersenkungen »auf Pump« unseriös seien, geht fehl. Im Gegenteil ist es nicht ungewöhnlich, dass Steuerentlastungen die Haushalte zunächst kurzfristig belasten, um auf mittlere Sicht die angestrebten Mehreinnahmen generieren zu können. In der Vergangenheit hat es noch nie Steuersenkungen ohne eine damit einhergehende Neuverschuldung gegeben.
Die Bundesregierung entspricht mit ihrer Entlastungspolitik mit Augenmaß den internationalen Vereinbarungen, die im Kreis der G20-Staaten zur Überwindung der Krise beschlossen wurden. Auch EU-Währungskommissar Joaquin Almunia sprach jüngst vor dem Hintergrund der geplanten Steuererleichterungen Deutschland sein Vertrauen aus, dass spätestens 2013 der EU-Stabilitätspakt eingehalten werden könne. Der französischen Antwort, der Krise mit einem erneuten Konjunkturprogramm in Milliardenhöhe zu begegnen, ohne die Steuern zu senken, erteilte die Kommission eine Absage. Zudem ist festzuhalten, dass in den Jahren 2009 und 2010 angesichts der positiven Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Monate und der Wirkungsentfaltung der Konjunkturprogramme I und II sowie des Bürgerentlastungsgesetzes mit Steuereinnahmen auf hohem Niveau zu rechnen ist.

Neben den Folgen der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise tragen leider zum Teil evidente strukturelle Fehlentwicklungen eine Mitschuld an der desolaten Haushaltslage vieler Städte und Gemeinden. Bei dieser Einschätzung sind sich die FDP-Bundestagsfraktion und die kommunalen Spitzenverbände einig. Uneins ist man sich bei der Herangehensweise zur Lösung der Probleme.

Die FDP-Bundestagfraktion setzt sich gerade wegen dieser strukturellen Fehlentwicklungen für eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzen ein, um die Lebensqualität der Menschen in den Gemeinden zu bewahren und zu verbessern. Zwei zentrale Reformkomplexe halten wir in diesem Zusammenhang für längst überfällig. Erstens: Abschaffung und Ersetzung der Gewerbesteuer. Aufgrund der kaum vorhersehbaren Schwankungen ist die Gewerbesteuer als Einnahmequelle für die Städte und Gemeinden ungeeignet. Denn weniger Einnahmen bedeuten weniger Investitionen. Und weniger Investitionen bedeuten im Ergebnis mehr Arbeitslosigkeit. Hierin werden wir von verschiedenen Wirtschaftsverbänden, z.B. dem Hauptverband des Deutschen Einzelhandels e.V. (HDE), unterstützt. Statt des Gewerbesteueraufkommens soll den Kommunen ein Anteil von künftig 12% am Umsatzsteueraufkommen zustehen sowie ein eigenes Hebesatzrecht auf die Körperschafts- und Einkommenssteuer. Daneben soll den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt werden, in Ergänzung der Einnahmen aus Einkommens- und Körperschaftssteuer, eine Kommunalsteuer zu erheben. Sowohl die Entscheidung des »Ob«, als auch die Festlegung der Höhe dieser Kommunalsteuer soll dabei selbständig bei den Gemeinden liegen. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen wurde vereinbart, hierzu eine Kommission einzusetzen, mit dem Ziel, Vorschläge zur Neuordnung der Gemeindefinanzen zu erarbeiten.

Zweiter zentraler Punkt unseres Reformansatzes ist die Forderung nach einer Verankerung des sog. Konnexitätsgrundsatzes im Grundgesetz. Häufig werden auf Bundesebene finanzielle Entscheidungen zu Lasten der Kommunen getroffen. Diese stete Belastung der Kommunen ohne finanzielle Kompensation durch Bundesgesetze muss endlich beendet werden. Die im Zuge der Föderalismusreform I geschaffene Regelung im Grundgesetz, nach der Aufgaben nicht mehr vom Bund direkt an die Kommunen übertragen werden dürfen, hat nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Die FDP konnte erreichen, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Enquete-Kommission das kommunale Finanzgefüge insbesondere vor diesem Hintergrund untersuchen wird. In einer Bestandsaufnahme soll die Kommission die gegenwärtige Situation in den Kommunen erfassen. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf der Evaluation der Struktur des kommunalen Finanzgefüges und der daraus resultierenden Folgen für die kommunalen Haushalte liegen. Weitere Schwerpunkte sollen die Analyse und Bewertung der Breitbandversorgung, insbesondere im ländlichen Raum, und die Möglichkeit einer Beteiligung der Gemeinden an der Gesetzgebung des Bundes sein. Auf Grundlage der Bestandsaufnahme soll die Enquete-Kommission Handlungsempfehlungen zum Erhalt und zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung erarbeiten.

Die kommunalen Spitzenverbände setzen dem entgegen auf ein kommunales Konsolidierungspaket zur Überwindung der Krise. Neben einer Reformierung der Grundsteuer müsse insbesondere die Gewerbesteuer gestärkt und auf eine breitere Bemessungsgrundlage gestellt werden. »Lieber eine schwache Gewerbesteuer, als eine neue Steuer, die man nicht kennt« lautet die Devise. Gerade diese Verstetigung und Verbreiterung der Gewerbesteuer im Rahmen der Unternehmenssteuerreform hat jedoch die Handlungsspielräume vieler Unternehmen erheblich eingeschränkt. Durch die Einführung der Substanzbesteuerung werden Unternehmen auch dann zur Kasse gebeten, wenn diese nur geringe oder gar keine Gewinne ausweisen können. Kurzfristig führt dies zu einem Anwachsen der Einnahmenseite in den Kommunen. Mittel- bis langfristig wird hierdurch die Finanzlage der Unternehmen geschwächt, Arbeitsplätze werden vernichtet. Auch standortpolitisch ist die Gewerbesteuer kontraproduktiv, da sie Wettbewerbsnachteile verschärft, statt sie zu entschärfen. Finanziell schwache Kommunen müssen zur Eigenfinanzierung hohe Gewerbesteuern erheben und verlieren damit weiter an Attraktivität. Reiche Gemeinden haben dem entgegen die Möglichkeit, Steuern zu senken und sich dadurch zusätzliche Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Die Gewerbesteuer führt damit weder zu einer konstanten Einnahmequelle noch zu mehr Gerechtigkeit.