Beschluss des Kommunalpolitischen Beirates am 14. Februar 2004 in Berlin

14.02.2004

Beschlusslage des Kommunalpolitischen Beirats zum Positionspapier »Bildung
vom Kopf auf die Füße stellen – Plädoyer für einen frühen und kostenlosen
Bildungsbeginn«

Seitens
der Liberalen Kommunalpolitiker wird die Bedeutung eines frühzeitigen Abbaues
von Lern- und Bildungsdefiziten anerkannt, da dies nachhaltig dazu beitragen
kann, die schulischen Entwicklungsmöglichkeiten zu verbessern und das allgemeine
Bildungsniveau zu heben. Hierfür erforderliche Maßnahmen müssen jedoch in einem
ausgewogenen Verhältnis von Staat einerseits und Kommune andererseits auf den
Weg gebracht werden.

Im einzelnen stellt der Kommunalpolitische Beirat folgendes fest:

  1. Entsprechend bereits bestehender FDP-Beschlusslagen muss die Vorschule, wo
    Kinder spielerisch in die Lernprozesse eingeführt werden können,
    flächendeckend ab einem Alter von fünf Jahren ausgebaut werden. Aufgrund der
    demographischen Entwicklungen stehen bereits jetzt zahlreiche Räumlichkeiten
    in Grundschulen leer. Rückläufige Schülerzahlen ermöglichen es, auch
    vorhandene Lehrerkapazität für den Vorschulbereich einzusetzen.

    Die VLK wendet sich gegen die Bestrebungen der Länderfinanzminister, die hier in Frage stehenden Lehrerstellen zu streichen.
     

  2. Die Liberalen Kommunalpolitiker setzen sich für eine verstärkte und
    koordinierte Kooperation zwischen Grundschule und Kindergarten ein.

    Positive Einzelbeispiele zeigen auf, dass schulischer Lernerfolg nachhaltig
    verbessert werden kann, wenn die Erziehungsinhalte zwischen Kindergarten und
    Grundschule koordiniert sind.
     

  3. Der zunehmende Anteil von Kindern im Kindergarten mit Migrantenhintergrund
    führt dazu, dass ein besonderer Augenmerk auf die Qualifizierung der
    Erzieherinnen und Erzieher für die integrationsspezifischen Anforderungen
    erreicht werden muss. Das spielerische Erlernen der vielfach nicht vorhandenen
    Deutschkenntnisse ermöglicht eine erfolgreiche spätere Schulkarriere. Die
    durch die Vorschule (siehe Ziffer 1) im Kindergarten frei werdenden
    Personalkapazitäten könnten zu einer Intensivierung dieser Tätigkeit und einer
    Erweiterung der Ganztagesangebote im Kindergartenbereich herangezogen werden.
     
  4. Die Einführung neuer Mindeststandards für Tageseinrichtungen und Tagespflege wird seitens des VLK-Beirates abgelehnt.

    In diesem Zusammenhang wird daran erinnert, dass liberale Kommunalpolitiker erst
    mühsam in den einzelnen Bundesländern es erreicht haben, dass im Sinne einer
    Entbürokratisierung überflüssige Standards zur Einrichtung von
    Kindertagesstätten abgebaut und auf ein vertretbares Mindestmaß zurückgeführt
    worden sind, um lokale und kommunale Gestaltungsmöglichkeiten nicht über
    Gebühr einzuschränken.

    Wenn dies nun durch bundesweite Standards wieder konterkariert wird, ist dies weder
    im Interesse der Eltern, noch der Kommunen.

    Viele Praxisbeispiele vor Ort belegen, dass im Rahmen der vorhandenen finanziellen
    Möglichkeiten Eltern und Kommunalpolitiker intensiv darum bemüht sind,
    bestmögliche Bedingungen für die Kindertagesstätten zu schaffen.
     

  5. Seitens des VLK-Beirates wird die erneute Diskussion über die
    Kostenfreiheit des Kindergartenbesuches abgelehnt. Bereits jetzt besuchen rund
    95 % der Vierjährigen einen Kindergarten. In nahezu allen Kommunen gibt es für
    Sozialhilfeempfänger und Familien bzw. Alleinerziehende mit geringem Einkommen
    Zuschüsse der Kommunen oder es besteht Gebührenfreiheit. Niemand muss aus
    wirtschaftlichen Gründen auf einen Kindergartenbesuch verzichten. Erfahrungen
    aus kommunaler Sicht belegen, dass bei Eltern, die ihre Kinder nicht zum
    Kindergarten schicken, vorrangig andere Gründe (z. B. Migranten, die keine
    andere kulturelle Erziehung wünschen) im Vordergrund stehen. Im übrigen muss
    darauf hingewiesen werden, dass der Zuschussbedarf der Kommunen für die
    Kindergärten, der jetzt schon in der Regel über 75 % der Aufwendungen liegt,
    in den letzten drei bis vier Jahren überproportional stark angestiegen ist, da
    die freien Träger, hier insbesondere die Kirchen, sich flächendeckend aus der
    finanziellen Verantwortung für ihre Kindergärten zurückziehen.